Geschichte 1300 – 1550

Aufstieg und Blütezeit des Hauses Bodelschwingh – Die Rolle der Gerichtsbarkeit

Um das Jahr 1300 erbaute Ritter Giselbert I., genannt Speke, ein Zweikammerhaus auf Eichenpfählen. Alle Teile des Wasserschlosses ruhen bis heute auf diesen Pfählen, die durch das umgebende Wasser konserviert werden.

1302 übertrug Ritter Giselbert I. das Haus „Bodelsvenge“ an den Grafen von der Mark und erhielt es im Gegenzug zum Lehen zurück. Diese erste urkundliche Erwähnung des Hauses Bodelschwingh enthält bereits das Symbol, welches bis heute das Wappen der Familie von Bodelschwingh ziert: Eine rautenförmige, an den Ecken verzierte Schnalle.

Der Erbe des Ritter Giselbert, Ernst I., nannte sich bereits „de Bodelswinge“ und erwarb 1336 die örtliche Gerichtsbarkeit. Dieses Privileg wurde in den folgenden Jahrhunderten erweitert und sorgte für Ansehen und Wohlstand der Herren von Bodelschwingh.

Der Bodelschwingher Freistuhl hatte eine kurze aber große Blütezeit. Offenbar waren die Herren von Bodelschwingh weniger ängstlich als andere Gerichtsherren und zogen daher – auch im Namen des Kaisers – wichtige und einträgliche Prozesse an. So fand hier 1427 – 1430 der Prozeß gegen Herzog Heinrich von Bayern statt, es wurden Klagen gegen Reichs- und Hansestätte eingebracht und Verhandlungen mit dem deutschen Orden in Preußen und Livland geführt. 1443 fand in Bodelschwingh „als des Reiches oberstes Freigericht“ eine große Verhandlung für die Stadt Frankfurt statt, an der 12 Freigrafen, 30 Freischöffen aus dem Ritterstande und über 200 weitere Freischöffen und Bürger beteiligt waren. Bodelschwingher Vemgerichtsurkunden finden sich in den meisten größeren Stadtarchiven zwischen der Nordsee und den Alpen.

Noch heute zeugt ein Relief des biblischen Kambysesurteils über dem Kamin im Saal von der für dieses Amt nötigen Kaiser- und Gesetzestreue der damaligen Gerichtsherren. Einträgliche und berühmte Prozesse fanden unter dem „Hagedorn“, einem alten Weißdorn vor dem Schloss statt, der erst 1901 einem Sturm zum Opfer fiel. Kleinere Übeltäter wurden am Pranger im Dorf Bodelschwingh bestraft, der Galgen stand in der Gemeinde Nette. Obwohl die Freistühle ab dem 16. Jhdt. an Bedeutung verloren, wurde bis ins 18. Jhdt. in Bodelschwingh gerichtet. Erst 1808 wurde die Eigengerichtsbarkeit von Haus Bodelschwingh durch die Franzosen endgültig aufgehoben. Damit ging eine Ära zuende, denn mit der fast 500 Jahre währenden Gerichtsherrschaft waren wichtige Einnahmen verbunden: Steuer, Wegzoll, Weidegeld sowie diverse Abgaben und Dienste der Einwohner an die jeweiligen Herren des Gerichtsbezirkes.